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Die Ausgangssituation

„Es war einmal eine Zeit, da Raumpioniere im Luxus der Leere …..“

2004 lud Ulf Matthiesen zum Thema „Raumpioniere“ erstmals ins IRS nach Erkner ein. Das Konzept entfaltete in der Folge in einen Diskurs und wurde in Konferenzen, Hochschulseminaren und Publikationen untersucht und dargestellt.

„Als Raumpioniere werden externe und interne Akteure bezeichnet, die sich im Umbruch befindende Wohn- und Wertschöpfungsräume einer neuen, innovativen Nutzung zuführen. Dabei entstehen neue Lebens- und Tätigkeitsformen, die als Projekte etabliert und stabilisiert werden. Sie steigern die Lebensqualität und schaffen Entwicklungsperspektiven für sich entleerende Räume.“

So lautete 2011 die Arbeitsdefinition einer Studentengruppe im Studiengang Regionalentwicklung und Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde.

Was einst so optimistisch die großen Chancen und Möglichkeitsräume für die neue Gesellschaft unter Mitwirkung der Künstler am Horizont einer verloren geglaubten Utopie als Großbildpanorma aufmalte, ist im Lauf der Zeit einer gewissen Ernüchterung im Abgleich mit den Realitäten vor Ort gewichen.

Die Kreativen in der Provinz, vielfach gebunden an das Ehrenamt und in Vereinsstrukturen, fragen sich nun, ob - über 10 Jahre nach den ersten (Hypo)Thesen der Soziologie (Matthiesen) - die Geschichte mit neuen Ansätzen weitergeschrieben werden muss.

Es gilt auch, mit alten und neuen Klischees aufzuräumen. Die sich entleerenden Landschaften sind nicht zu verwechseln mit dem Diskurs zum ‚Luxus der Leere’. Wer die Räume als ‚leer’ denkt, irrt sich. Da sind überall schon hoch komplexe und verknüpfte Gesellschaften. Da sind Transformationen und Umgewichtungen, soziale Verwerfungen und Krisen im Gange. Die Kreativen, die sich hierher begaben, begeben und auch in Zukunft begeben werden, haben sich mit einer akuten Dimension des Umbaus produktiv auseinanderzusetzen: der Energiewende, der Industrialisierung von Land- und Forstwirtschaft, der Verwertung ländlichen Raums als Kapitalanlage von Investmentfonds.

Die RUO Aktiv(ist)en operieren größtenteils in ländlichen Ambiente. Sie bearbeiten Neuland jenseits der im urbanen erlernten und geübten Kunst- und Kulturpraxis. Den großstädtischen Hype lassen sie links liegen, was nicht im Widerspruch dazu steht, ihn aus der Distanz genau zu beobachten!

Als süßes kleines Schwesterlein des Stadt-Hypes grassiert nun im ruralen Raum die durch die Medien eifrig gepflegte ‚Landlust’ mit ihren Verniedlichungen. Auch diese Kulisse gilt es, kritisch zu hinterfragen und potente Gegenbilder, die die Lebenswirklichkeiten der Orte nicht verkennen, aufzustellen

Daher ist es überfällig dass die hier schon länger und stetig (vergleichbar mit ‚Slow Food’) betriebenen Kunstprojekte in den Blick kommen. Der Inszenierung des schönen Landlebens als Lifestyle haben sie längst die alltägliche Reibung, die vitalisierende Herausforderung durchaktives Engagement entgegengesetzt.

Randzonen und Grenzräume überprüfen Mitglieder des RUO auf ihre kulturellen Potenziale. Der deutsch-polnische Grenzraum öffnet die Perspektive auf die Situation in den osteuropäischen Ländern. Mitglieder des RUO wie Michael Kurzwelly und Urbanart/ Anne Peschken und Marek Pisarsky realisieren hier grenzüberschreitende Projekte und setzen sich mit den Transformationsprozessen auseinander. Das Eindringen in die Dimension des Regionalen/Lokalen erlaubt in ‚hands-on’ Prozessen die Fragestellungen vor Ort aufzunehmen, die Abgeschiedenheit und das Abgeschnittensein als Chance für direkte Wechselwirkung und Kommunikation zu nutzen.

Damit steht das RUO in einer Bewegung, die nicht nur an zahlreichen Orten des regionalen Europas, sondern auch weltweit zu beobachten ist. Kultur und Kunst verquicken sich mit Agrikultur und Raumpolitik, Dorfbewegungen mit Autonomieprojekten, Ökologie mit Kunst und Kultur.

Die Zusammenhänge und Synergien zwischen Handlungsformen in diesen Bereichen sollten auf aktuellem Stand in den Blick genommen, und unsere Praktiken in diesem Kontext verortet werden.

Dabei gilt es auch, das neue EU-Programm ‚Creative Europe’ für Öffnung und gemeinsame Aktionen und Austausch mit Regionen innerhalb und außerhalb Europas in den Blick zu nehmen. Hier sehen wir eine Chance, den bestehenden Austausch mit internationalen Partnern zu vertiefen und uns mit neuen Partnern zu verbinden.

Die komplexen Zusammenhänge und Interaktionen in Bezug auf Raumpioniere wurden 2010 vom Bauhaus in einer Tagung in Stendahl neu justiert. Die Publikation ( 2013 unter dem Titel „ Raumpioniere“ erschienen), hat den gesamtgesellschaftlichen Umbruch auf der Agenda. Kultur ist darin einer von fünf Bereichen. Nur wie jetzt weiter, die Frage beschäftigt das RUO, ohne Pioniergehabe und Leere?

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