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Wollen wir wirklich das Land städtisch 'designen'?


Lt. der Studie von Andreas haben eine Mehrheit der aufs „Land“ gezogenen Menschen angegeben, das für sie ein wesentliches Motiv aufs Land zu ziehen, von der Ruhe dort motiviert war. Leider habe ich versäumt nachzufragen ob damit die Ruhe im Sinne von „Lautlosigkeit“ gemeint ist, oder ob es die Sehnsucht der Nachvollziehbarkeit von vereinfachten Strukturen auf dem Land ist. - Innerhalb einer komplexen Welt. - Für mich nicht überraschend dass sich diese Leute nach einer gewissen Zeit sozial oder politisch, oder sonst irgendwie, gemeinschaftlich, engagieren.

Wie schon kurz angedeutet, sehe ich das Land als eine riesige Werkshalle an, in der Rohstoffe produziert werden. Egal ob es Lebensmittel, Metalle, Öle, Gase, ... sind. Alle diese Rohstoffe finden erst in der Stadt eine höhere bis höchste Veredelung. Da bekanntlich das Umfeld auch die Menschen prägen, könnte man vielleicht sagen, das es z.B. im Dorf auf dem Land, ein vereinfachtes Gemeinschaftswesen gibt, was so etwas wie „Erdung“ beinhaltet und kleinteilig, eher „handfest“, angelegt ist?! Kleine und mittelgroße Ansiedlungen (Städte) bieten „Halbveredelungen“ an, die umso größer die Siedlungen werden, oder sich den Metropolen nähern, umso fortgeschrittener sind. – So finden z.B. auf dem Dorf noch die sozial Schwächsten Ihren Platz in der Gemeinschaft, in der Stadt haben Sie keinen, allenfalls einen „Sozialort“.

Die Hochkultur findet in den Metropolen statt. Viele Virtuosen aus der Stadt, egal ob in der Bildender Kunst, Musik oder Kultur, bedienen sich als „Arbeitsgrundlage“ des veredelten menschlichen Daseins, oder sie halten sich an historische Vorbilder und verwandeln sie zu wahren Highlits. Einige Künstler in den Städten setzten sich mit ihrer Arbeit für ein anderes soziales Gefüge ein, dessen Vorbilder oft auf eine verklärte Landstruktur zurückgreift, oder auf politische Denkrichtungen (oder z.B. bedingungsloses Grundeinkommen), deren Initiatoren wiederum aus den Metropolen kommen. Wollen wir wirklich das Land städtisch „designen“?

Und was machen die Künstler die von der Stadt aufs Land gezogen sind? Im Gepäck die Kunststandarts der Stadt versuchen sie diese auf dem Land zu platzieren. Meinen, sie könnten und müssten mit den in den Städten gewonnenen „Kunst-Veredelungen“ auch die Landbevölkerung erreichen. Dabei merken sie nicht, dass sie eigentlich auf dem Land „Kunst für die Stadt + Städter“ machen, oftmals an der Landbevölkerung vorbei, gut gemeint und gesellschaftlich wertvoll. Besonders deutlich zeigt sich das bei sogenannten „identitätsstiftenden Kunstprojekten“. – So wie in der Stadt „Strickzirkeln“, zum Zweck des gemeinsamen Tuns und sozialem Austausches stattfinden, ist das gemeinsame Marmelade kochen auf dem Land zu einer hohen Kunstform aufgestiegen (die dann an die Städter verkauft werden soll). Es stellt sich da bei mir die Frage für wen das identitätstiftend sein soll? Für die Landbewohner oder für die „Zugezogenen“ (Städter)?

Wollen wir wirklich auf dem Land Kunst + Kultur implantieren, deren Themenbereiche „städtisch veredelt“ sind und zu einer Verklärung des „ländlichen Raums“ beitragen (schon den Namen „ländlich“ sehe ich als eine Verniedlichung und Verhöhnung an)? Wie wir alle wissen hat Kunst + Kultur machen auch was mit persönlichen Abstürzen, mit Frustrationen und Selbstzweifel zu tun. Nur positive Kunst und Kultur und Design dort zu initiieren, führt wiederum zu einer „Verklärung“ derselben, die vielleicht noch für den Künstler bestimmtes Ansehen und ein gewisses Buget in die Kasse bringt. -Vollzieht sich die Metamorphose des Stadtkünstler zum Landkünstler dadurch, dass er seinen künstlerischen Anspruch reduziert?

- Was Künstler sein für den Einzelnen bedeutet und beinhaltet, muss jeder für sich selbst beantworten, jedenfalls kann es für mich nicht sein: Heute Künstler / Morgen Sozialarbeiter! Ich denke, erst wenn Kunst und Kultur nichts leisten Muss und Will, kann sie Besonderes leisten!

Ausnahmslos sind wir alle im Netzwerk beteiligten in der Stadt sozialisiert / kunstversiert worden! Wir alle haben uns auf dem Land in Ruinen eingerichtet, sie kunstvoll in Retro oder mit Stadtbezug hergerichtet, um den jeweilig persönlichen Motiven folgend, dort Kunst und Kultur zu platzieren. Sind wir die Post- oder Neoromantiker, die um der „Vernunft“ zu entfliehen auf das Land gegangen sind, auf der Suche nach so etwas wie die eigene Sehnsucht, das Mysterium oder Geheimnis?

- Die Werte der Romantik und Romantiker sind reichhaltig im Netz beschrieben, und Querbezüge dahin kann, wer will, jeder für sich herstellen.

- Wer sich als Künstler auf dem Land (und übrigends auch in der Kulturbehörde) Achtung verschaffen will, führt die traditionell existierende Rohstoffproduktion auf dem Land fort, oder überzeugt durch handwerklich hervorragende Fertigkeiten. Das sind messbare Parameter, die leicht nachvollziehen sind!

- Wer aber als Künstler auf dem Lande seiner eigenen Sehnsucht, seinem Mysterium, oder seinem Geheimnis auf der Spur ist (und dies dort auch öffentlich macht), wird auf Unverständnis stoßen. Er wird von der Bevölkerung beäugt, und erhält dafür zwangsläufig kritische Reaktionen, bis zu Unverständnis für seine Arbeit und muss damit auf Ablehnung stoßen! - Die Landbevölkerung denkt eher zweck- und materialgebunden. Wer dort seine tradierten Vorstellungen, von Dingen und Zusammenhängen, sowie der eigenen Handlungsweisen, u.s.w. in Frage stellt, konfrontiert sich selbstredend mit Ungemütlichkeiten. Diese subkutan stattfindende „Selbstreflektion“ der Menschen vor Ort wird auch ausgelöst mit der Existenz von andersartigen Werken und Inhalten aus Kunst + Kultur (auch Leuten) die Bezüge zu ihrem Lebensumfeld herstellen. Eine Wirkung tritt dann Hinterrücks ein. Sie lässt sich nicht geradlinig nachvollziehen und schon gar nicht in Tabellen veranschaulichen! Hier sehe ich gesellschaftlich motivierte Kunst und Kultur auf dem Land gut angelegt: Eine Kunst + Kultur, die sich mit den Eigenheiten und Rohstoffen auf dem Land auseinandersetzt, nicht mit dem Holzhammer daherkommt, und „vor allem nicht vorgaukelt irgendetwas zu Wollen, zu Können oder zu Wissen noch einen Nutzen zu erbringen“! – und hier könnte es richtig politisch werden!!

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