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10 Fragen zur RaumUmOrdnung

Raumumordnung? – Eine Chance und eine energetische Notwendigkeit.

Der Begriff ist sperrig und hört sich fast schon nach einer kleinen Drohung an. Impliziert er doch, dass eine bestehende Ordnung umgeordnet wird. Wie ein Regal, dass erst einmal ausgeräumt werden muss, bevor man die Bücher neu sortieren kann. Gelegentlich entsteht dabei Unordnung, was in dem Wort Umordnung ja auch irgendwie mitschwingt. Doch dabei handelt es sich um eine positive Unordnung, die kreative Energien freisetzt und deren Vorzüge Spiel- und Chaostheorie hinlänglich bewiesen haben.

Womit beginnt Raumumordnung? - Mit Faszination und bürgerschaftlichem Engagement.

Voraussetzung für die Anwendung der Raumumordnung ist die unvoreingenommene, angstfreie und gestalterische Aneignung eines Raums. Dabei kann es sich sowohl um geographisch-örtliche, oder sozial-gesellschaftliche, aber auch um zeitlich-historische Räume handeln.

Der Raumumordner erkennt schlummernde Potentiale, Peripheres, Verschüttetes, Nebensächliches, Brachen und macht sie sich zu eigen. Er betrachtet sie als gestalterisches Material und mischt sich ein.

Der Raumumordner praktiziert bürgerschaftliches Verhalten, indem er sich politischer und administrativer Strukturen bedient. Doch um die Umsetzung raumumordnerischer Projekte durchsetzen zu können, muss er häufig im Gegensatz zu gewachsenen, tradierten oder verkrusteten Machtverteilungen agieren. Vertrauensvolle Basisarbeit, und ständige Überzeugungsprozesse sind raumumordnerisches Handwerkszeug!

So unterschiedlich die Räume, die sich der Raumumordner aneignet, so unterschiedlich sind auch die Strategien, die er für sein jeweiliges Vorhaben entwickelt und die Effekte, die er durch sein raumumordnerisches Handeln bewirkt.

Wie funktioniert Raumumordnung? – Nach den Regeln osmotischen Energieausgleichs.

Periphere Räume üben auf den Raumumordner aufgrund eines osmose-artigen Effekts eine ungeheure Anziehungskraft aus. Möglicherweise besteht diese Anziehungskraft in der Faszination, die den Raumumordner angesichts eines ‚passenden’ Raumes befällt, den er mit seinem raumumordnerischen Blick erkannt hat.

In jedem Fall findet nun ein Prozess statt, in dessen Verlauf ein höher gesättigtes Faszinationspotential, nämlich das des Raumumordners, durch eine semipermeable Membran - die Wirklichkeit - in einen Raum mit geringerem Faszinationspotential hineindiffundiert, bis sich die Potentiale ausgleichen. Der Raumumordner entledigt sich also seines höheren Energiepotentials zugunsten seiner Umgebung.

Wie man sieht, ist das ein einseitiger Prozess, eben weil die Membran nur zu einer Seite hin durchlässig ist. Das wiederum hängt damit zusammen, dass die Wirklichkeit auf der Zeitachse angesiedelt ist, die bekanntlich linear und - wie wir alle aus leidvoller Erfahrung wissen - unumkehrbar ist. Aus diesem Grund haben die raumumordnerischen Aktionen immer eine klare Richtung auf der Zeitachse und führen aufgrund der osmotischen Anziehungskraft unweigerlich zur Energieabgabe an den Raum.

Was ist das Resultat von Raumumordnung? – Eine Kettenreaktion!

Ein durch Raumumordnung in seinem Druckverhältnis veränderter Raum, verfügt nach erfolgter Raumumordnung selbst über ein erhöhtes Potential, mit dem er seinerseits in seine nächste Umgebung diffundierend hineinwirkt. Hier ergibt sich eine Kettenreaktion im Selbstlauf, die sich mit zunehmender Entfernung vom Raumumordner verringert, bis sie z.B. auf dem Niveau dorfgemeinschaftlichen Marmelade-Einkochens angelangt ist – Hauptempfehlung einer vom brandenburgischen Kultusministerium kürzlich in Auftrag gegebenen Studie.

Doch gerade dieses banale Ende einer Entwicklung beweist im Umkehrschluss die Existenz eines höchst virulenten Zentrums, in dessen Mitte der Raumumordner sitzt.

Was ist der raumumordnerische Blick?

Der raumumordnerische Blick erkennt Potentiale und lässt sich von ihnen faszinieren. Dabei begreift er die Faszination als eine Art Verpflichtung, als eine Projektionsfläche, die er mit aller Kraft und in Zusammenarbeit mit ortsansässigen Akteuren auffüllt. Das Interesse, das den Raumumordner an einem Ort, angesichts einer geographisch-landschaftlichen Lage, einer bestimmten sozio-kulturellen Situation oder eines historischen Kontexts befällt, verlangt nach der energetischen Entladung seiner durch den Raum inspirierten künstlerischen Vision.

Daher kommt der Raumumordner meistens von außen, sehr selten mag es vorkommen, dass er aus dem Ort stammt - oder gar dort geboren wurde -, der auf ihn einwirkt. An das Vertraute sind wir gewöhnt, es fällt uns nicht weiter auf, es ist alltäglich, und taugt nicht dazu, uns zu faszinieren. Der Blick mag zwar auf den oft betrachteten Dingen ruhen, aber sie werden nicht mehr wirklich gesehen, sie geraten Kraft der Gewöhnung aus dem Blickfeld. Zwischen Ort und Betrachter herrscht völliger Energie- und Druckausgleich und somit unaufgeregte Ruhe, Aktivitätslosigkeit. In dieser Atmosphäre kann der osmotische Prozess nicht beginnen.

Es braucht erst den Blick des Anderen, für den das Gewohnte ungewohnt ist, das Alltägliche fremd und der sich noch wundern kann. Erst sein herumschweifender, ruheloser Blick ist für Inspiration empfänglich.

Die Bevorzugung der Peripherie, des scheinbar Unbedeutenden, und die Gleichgültigkeit gegenüber Touristenattraktionen hat - außer mit dem Preis - wiederum mit der Blickqualität des Raumumordners zu tun. Dinge, die viel Beachtung genießen, die in den einschlägigen Reiseführern erwähnt, von Kunsthistorikern beschrieben und von Stadtmarketing-Experten blumig angepriesen werden, erscheinen dem Raumumordner als ebenso tot, wie dem Einheimischen die Alltäglichkeit seiner Umgebung. Bei oft gesehenen und beschriebenen, ge- und be-rühmten Orten und Gegenständen schrumpfen die osmotischen Anziehungskräfte auf ein Minimum, das notwendige Druckgefälle ist nicht mehr gegeben. Hier perlt der raumumordnerische Blick einfach ab. Er kann an der glatten Oberfläche der Attraktion nicht haften bleiben, da sie im Lauf der Zeit von Massen-Blicken plattgewalzt und vom ständigen Begafft-werden flachgeschliffen sind.

Woher kommt der Raumumordner? – Vom Ausstieg zum Einstieg

Der Raumumordner ist kein Nomade, kein Reisender, kein hundsgewöhnlicher Tourist auf der Suche nach Attraktionen, keiner der erregt und unterhalten werden möchte durch Abwechslung. Nein, in den meisten Fällen kommt der Raumumordner um zu bleiben!

Der Raumumordner ist auch kein Aussteiger aus der Großstadt auf der Suche nach einer friedlichen Nische. Denn auch wenn er in den meisten Fällen der Großstadtsozialisation entstammt, setzt er sich aktiv mit seinem Raumumordnungsgebiet auseinander. Er ordnet sich also zuerst selbst so um, damit er sich in einen neuen Ort einordnen kann. Das geschieht unter anderem durch den Erwerb oder die Anmietung einer Immobilie, die ihm als Ausgangsbasis für sein weiteres Schaffen dient. Hier finden Zweckrationalität und Leidenschaft des Raumumordners zusammen, denn in der von ihm ausgewählten Peripherie, abseits ausgetretener Pfade, sind die Immobilienpreise auf Grund geringer Nachfrage oder abwegiger Randlage auf ein erträgliches Maß gesunken.

Wie läßt sich Raumumordnung messen? - An der Erhöhung des Faszinationspotentials.

Die Erhöhung des Faszinationspotentials ergibt sich aus einer Zunahme an öffentlich zugänglichen Aktivitäten und die – wie in der Wissenschaft üblich – an der Zitierhäufigkeit in regionalen, überregionalen und fachspezifischen Publikationen gemessen werden kann.

Eine zweite Maßeinheit ist das peer-reviewing, bei dem Raumumordner sich gegenseitig begutachten.

Drittens existiert immer die Möglichkeit, sich rein empirisch vor Ort von der Sichtbarkeit raumumordnerischer Projekten zu überzeugen, als eine schlichte und jedermann zugängliche Evaluationsmethode.

Das wichtigste bei der Messung raumumordnerischer Verfahren und ihrer Auswirkung auf ihre räumliche, soziale und kulturelle Umgebung, wäre jedoch der Aufbau einer entsprechend feinfühligen Sensorik für sogenannte ‚weiche’ Image-Faktoren. Mit Hilfe einer solchen Sensorik ließen sich die Effekte raumumordnerischen Handelns und deren off-springs aus der Kettenreaktion wesentlich leichter messen. Aktivitäten, die vielleicht nur darin bestehen, dass etwas anders als bisher gewohnt gemacht wird, dass etwas eine neue Qualität bekommt, dass der raumumordnerische Blick eine bisher konventionell geordnete Situation durchdringt und Kraft seiner Vision/Überzeugung darin etwas Neues aufdeckt. Aktivitäten, die durch osmotische Energieübertragung in die Wirklichkeit überführt werden und damit auch für andere erlebbar werden.

Echte Faszination ist der Motor dieser Entwicklung. Sie ist unschätzbar teuer, da sie sich nicht selbständig erneuert! Was sie aber ist und seien kann: Sie ist ansteckend und befruchtend!

Lohnt sich Raumumordnung?

Eine Investition in Raumumordnung ist immer nachhaltig lohnend. Da der Raumumordner sich qua definitione genau dort betätigt, wo geographische Randlage, soziale Schieflage, Überalterung, Fremdenhass, Investitionswüsten, De-Industrialisierung, gesellschaftlicher Umbau, historische Tiefenschuld, Frauenflucht, Entvölkerung, Schrumpfungsprozesse, hohe Arbeitslosenquoten oder generelle Ödnis zu beherrschenden Themen geworden sind. An solchen Orten tendiert das Faszinationspotential gegen Null, die Anziehungskraft für Raumumordner ist dagegen entsprechend groß. Wenn ein solcher Ort das Glück hat, dass er von einem Raumumordner identifiziert wird – dann sollte dieser hoffnungsfrohe Beginn erstens erkannt und zweitens mit allen Mitteln unterstützt werden. Denn eine solche Investition setzt sich in Form erhöhter Faszinationswerte immer weiter fort und greift direkt auf die Nachbarschaft über.

Ist Umnutzung dasselbe wie Raumumordnung?

Nein, konstituierendes Element der Raumumordnung ist die Aktion um ihrer selbst Willen – nicht um des Profits Willen. Eine Umnutzung einer alten Brauerei als Shoppingmall ist in unserem Sinne eben keine Raumumordnung. Natürlich verfügen Investor, Developer oder Regionalplanungskommission gelegentlich über ein professionelles Maß an Faszinationskraft, manchmal gar mit visionären Ausmaßen (Cargo-Lifter, Chipfabrik), sie handeln jedoch immer in Übereinstimmung mit der jeweils vorherrschenden Wirtschaftsweise, sei sie nun marxistisch, neo-liberal oder sozial-marktwirtschaftlich und folgen daher sowohl ihrer Natur nach, als auch aufgrund erlernten Verhaltens einem nachäffenden Lemminge-Prinzip, immer dem Rudel hinterher. (Anders sind auch massive Aktienbewegungen nicht erklärbar – das nur nebenbei.)

Im Gegensatz dazu ist der Raumumordner Individualist, häufig auch Idealist und in jedem Fall ein Visionär. Insofern stellt der Ausbruch seiner Faszination, die den gesellschaftlichen Osmose-Prozess erst in Gang setzt, ein originär künstlerisches Phänomen dar.

Ist Raumumordnung nachhaltig?

Da der raumumordnerische Prozess auf der Zeitachse unumkehrbar ist, bewegt er sich nur in eine Richtung, nämlich vom Raumumordner ausgehend in den Raum, in dem er sich in der Folge weit verzweigt und große Wirkung zeitigt. Die osmotische Durchdringung des Raums, die vom Raumumordner ausgelöst wird, ist von effektiver Nachhaltigkeit.

Für die Person des Raumumordners ist dieser ansonsten so positive Prozess leider nicht regenerativ, sondern konsumtiv! Besonders beim Versuch, die Wirklichkeit zu durchdringen, seine Faszination an einem gegebenen sozialen, geographischen oder historischen Raum in diesen einzubringen, ihn also umzuordnen, verliert der Raumumordner viel Energie. Hat er die ersten Schritte noch in reiner Eigeniniative realisiert, angezogen vom ungeheuren Druckgefälle, so wird ein weitergehendes Starten des Osmose-Prozesses ohne ausreichende Unterstützung schwierig.

Ohne den Einsatz des Raumumordners ist Raumumordnung nicht möglich.

Deswegen muss alles Erdenkliche getan werden, um Raumumordner immer wieder mit Energie zu versorgen.

Fazit

Es ist deutlich geworden: Um weiter seiner Aufgabe einer Erhöhung des Faszinationspotentials peripherer Räume nachkommen zu können, braucht der Raumumordner Unterstützung!

Er braucht sie deswegen, weil seine Arbeit verzehrenden Charakter hat – hier muss das Netzwerk helfen: durch Lobby-Arbeit für den Raumumordner!

Um dieses Ziel zu erreichen, wären meines Erachtens folgende Dinge nützlich:

  1. Aufbau einer Datenbank bzw. eines Wikis von raumumordnerischen Projekten

  2. Kartierung dieser Projekte

  3. Anlegen einer Zitationsdatenbank

  4. Entwicklung einer speziellen Sensorik für raumumordnerische Effekte

  5. Ausarbeitung spezieller Förderkriterien für Raumumordnung

  6. Ausbildung von RUO-Aktivisten

  7. Durchsetzung einer Förderstruktur auf Gemeindeebene für Raumumordnungsbüros (etwa in Analogie zum Quartiersmanagent in Großstädten)

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